Trauer um Hans Brauch

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28.03.2012 Der ehemalige 1. Bevollmächtigte der IG Metall Schwäbisch Hall, Hans Brauch, ist gestorben. Hans hat sich mit großem Engagement für die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingesetzt.

Heidi Scharf gedenkt Hans in einer Trauerrede auf der Beerdigung in Niedernhall:

Noch vor Kurzem habe ich Hans im Krankenhaus besucht. Wir haben uns über seine unmittelbare Zukunft unterhalten. Er war sehr zuversichtlich, durfte er doch wieder nach Hause in sein gewohntes Umfeld.

Vor allem aber freute er sich jetzt im Frühling auf seinen neuen Garten. Er wollte sich gemeinsam mit seiner Elisabeth in der Natur betätigen, ihn bepflanzen und sehen wie alles sprießt und wächst.

Und er wollte seinen Platz finden für sein Hobby, die Aquarellmalerei, aus der in den Jahren eine große Leidenschaft wurde.

Wir haben uns über die aktuellen Ausstellungen unterhalten, die so über’s Land verstreut zur Zeit laufen. Einige wollte Hans besuchen auch um sich inspirieren zu lassen.

Aber auch die Verwaltungsstelle lag ihm am Herzen. Wie hat sie sich entwickelt, was macht ihr gerade, welche Probleme gibt es, wie geht es diesem oder jenem? waren seine Fragen.

Vor nunmehr 10 Jahren hat Hans die Verwaltungsstelle an mich übergeben. Er war stolz auf "seine" Verwaltungsstelle, die er so viele Jahre geführt hatte.

Stabile Mitgliederzahlen, eine gut gefüllte Kasse, qualifiziertes Personal war eine solide Grundlage.

Vor allem die finanzielle Unabhängigkeit war ihm wichtig. So fragte er mich noch vor meiner Wahl: Wie stehst du denn zum Geld, kannst du es zusammenhalten? (er wollte mir damit wohl sagen, die Hohenloher tun sich schwer mit dem Geld ausgeben, sie seien eher sparsam). Ich sagte ihm damals: Ich bin zwar keine Schwäbin und schon gar keine Hohenloherin, aber ich sei in den 20 Jahren in denen ich in Schwaben lebe in eine gute Schule gegangen und werde die Kasse in seinem Sinne "ordentlich" weiter führen.

Lieber Hans, an dieser Stelle kann ich sagen, wir haben dein Werk fortgesetzt und die gute Arbeit, die du all die Jahre geleistet hat, konnte in Deinem Sinne nicht nur gehalten werden, sondern war Grundstock für den weiteren Ausbau.

Hans war, wie man so sagt, ein gewerkschaftliches Urgestein. Von der Picke auf hat Hans sein Handwerk gelernt, als Metall-Facharbeiter und später in seiner Tätigkeit als Betriebsrat und hauptamtlicher Funktionär. Stets hatte Hans das Ganze im Auge. Klein, klein war ihm ein Gräuel. Es ging ihm immer um die Menschen und um die Sache. Die Arbeits- und Lebensbedingungen waren ihm wichtig, nicht sein eigenes Ich. 1968 wurde er Betriebsratsvorsitzender und Mitglied der IG Metall und er war all die Jahre ein Gewerkschafter mit Leib und Seele.

Von 1968 bis 1981 hat Hans bei der Firma Stahl Schaltgeräte in Künzelsau 13 Jahre lang die Interessen der Kolleginnen und Kollegen vertreten. Er war Spezialist für Akkord- und Prämienfragen. Mit unser wichtigstes Arbeitsfeld. Da geht es vor allem um die Erholpausen und um das Einkommen der Belegschaft.

Er wusste aus eigener praktischer Erfahrung, dass ein Mensch nicht taktgebunden, damals noch 8 Stunden, ununterbrochen an der Maschine oder am Band stehen kann. Er wusste wie wichtig die stündlichen Pausen waren um sich zu regenerieren, das konnte auch mit mehr Geld nicht aufgewogen werden.

Dieses Wissen müssen sich viele von uns heute erst wieder schwer erarbeiten. Vieles ist verschütt gegangen nachdem diese Generation aus dem Berufsleben ausgeschieden war.

Hans wurde 1984 erster Bevollmächtigter. Er wurde faktisch ins kalte Wasser geworfen, denn 1984 war das Jahr des großen Streikes um die 35-Stunden-Woche. Im Hohenlohischen wurde zwar nicht gestreikt, aber die Arbeitgeber haben sich auch hier an den Aussperrungsbeschluss gehalten und so gab es jede Menge Arbeit im Kleinen wie im Großen. Es ist ungleich schwieriger die Menschen für den Streik zu begeistern wenn sie ausgesperrt sind, also dazu durch die Arbeitgeber verdammt sind nicht mehr arbeiten zu dürfen als zu streiken. Diese Herausforderung hat Hans angenommen und mit Bravour gemeistert.

Bis zu seinem Ausscheiden 2002 lagen viele aktive Tarifrunden, viele betriebliche Auseinandersetzungen und hervorragende Aktionen. Sie alle aufzuzählen würde viel ui viel Zeit in Anspruch nehmen. Daher sei nur auf die letzten beiden großen Ereignisse hingewiesen.

2002 musste die IGM in eine Urabstimmung und streiken. In der Verwaltungsstelle waren erstmals zwei Betriebe mit dabei, die Kolleginnen und Kollegen der Firmen Huber in Öhringen und Voith in Crailsheim. 2002 war aber auch die große Auseinandersetzung um die Arbeitsplätze bei der Firma Schaeff in Langenburg.

Es ging schon an die Substanz fast Tag und Nacht unterwegs zu sein, nicht zu wissen ob die Arbeitsplätze gerettet werden können. Nicht zu wissen ob die Kolleginnen und Kollegen für den Erhalt des Betriebes demonstrieren. Doch, ja es ist gelungen, rund 1000 Kolleginnen und Kollegen haben sich an der Auseinandersetzung aktiv beteiligt, kamen zur Demonstration und Kundgebung. Hans voraus zusammen mit Tomo Rupcic. In einer solchen Auseinandersetzung gewinnt man Größe und auch Anerkennung. Es war einer der wichtigsten Kämpfe in der Verwaltungsstelle. Davon erzählen heute noch viele, obwohl es schon ein Jahrzehnt her ist.

Hans hat oft gesagt: Es ist alles egoistischer geworden, die Solidarität ist nicht mehr so gegeben wir noch in den 60er, 70er und 80er Jahren.

Aber die Auseinandersetzung um den Erhalt der Schaeffwerke hat gezeigt: Eine Region steht auf und kämpft gemeinsam. Man braucht kein Bündnis für Arbeit um in der Region Arbeitsplätze zu halten, man braucht die Menschen, die sich für ihre Interessen einsetzen zusammen mit ihrer Gewerkschaft.

Hans war aber nicht nur in der Gewerkschaft aktiv. Er war in der Kommune Gemeinderat und er war langjährig Mitglied im Verwaltungsausschuss des Arbeitsamtes heute Agentur für Arbeit Schwäbisch Hall und hat sich dort um die Belange der arbeitslosen Kolleginnen und Kollegen gekümmert. Es ging um die Probleme derjenigen, die ihre Arbeit verloren haben, die in Krisenzeiten keinen Zugang mehr zum Arbeitsmarkt hatten, die auf jeden Pfennig angewiesen waren, die oft schwer krank waren, die Hilfe brauchten. Dort konnte er vielfach für den Einzelnen doch noch etwas direkt erreichen.

Hans war auch viele Jahre alternierender Vorsitzender im Bezirksrat der AOK Bezirksdirektion Hohenlohekreis. Die Versicherten sind ihm immer noch sehr verbunden, hatte er sich doch in vielen einzelnen Fällen sehr für die Lösung ihrer Probleme eingesetzt. Aber auch die großen gesundheits-politischen Themen haben ihn umgetrieben.
Gerade der von den jeweiligen Bundesregierungen betrieben Sozialabbau hat ihn immer wieder, auch in den Sitzungen des Verwaltungsrates, auf die Barrikaden getrieben. Im Namen deiner Nachfolgerin als alternierende Vorsitzende Marianne Kugler-Wendt möchte ich dir mit auf deinen letzten Weg geben: "Du warst immer ein Kämpfer für die Rechte der Menschen und hast dir dabei eine hohe Anerkennung erarbeitet."

Jedes einzelne Schicksal war für Hans so, wie wenn es ihm selbst passiert wäre. Hans war nah an den Menschen mit ihren Sorgen und Nöten. Ihre Probleme haben ihn direkt betroffen gemacht. So haben die Kolleginnen und Kollegen in seinem persönlichen Engagement kennen und schätzen gelernt. Das hat ihn zum Gewerkschafter zum Anfassen gemacht. Er war nicht irgendjemand, er war einer zu dem konnte jede und jeder kommen, er hatte immer ein offenes Ohr.

Hans erlebte aber auch, dass die Anforderungen an die Gewerkschaft und damit auch an die Verantwortlichen vielfältiger und anspruchsvoller geworden sind. Damit hat sich auch der Druck auf die Leistung des Einzelnen erhöht.

Nach 13 Jahren ehrenamtlicher und 21 Jahren hauptamtlicher Tätigkeit hatte er sich den Vorruhestand redlich verdient.

Es blieben ihm 10 Jahre in denen er vor allem mehr Zeit hatte gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth ihr zukünftiges Leben zu gestalten und seinem Leidenschaft, der Aquarellmalerei nach zu gehen. Sie reisten gerne, renovierten das elterliche Haus von Elisabeth und lebten die ersten Jahre zeitweise auch in Serbien.

Seine Aquarell-Ausstellungen im öffentlichen Raum hier in der Region zeugen davon, dass seine Bilder gerne gesehen waren. In manchem Haushalt nicht nur von Metallerinnen und Metallern ist ein Bild von ihm zu finden.

Vor vier Jahren konnten wir mit Hans seine 40jährige IG Metall Mitgliedschaft feiern. Gerne hätten wir auch die nächsten Jubilarehrungen gemeinsam mit ihm erlebt.

Mit Hans verlieren wir einen engagierten Kollegen, der immer für die Interessen der Kolleginnen, für die Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen gemeinsam mit ihnen zusammen eingetreten ist, uneigennützig, solidarisch, aufrichtig.

Sein Lebensmotto war ein Spruch von Willy Brandt: "Besinnt euch auf eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will."

Dies möchte ich euch liebe Trauergemeinde mit auf den Weg geben.

Wir, alle Kolleginnen und Kollegen der IG Metall, der anderen Einzelgewerkschaften und des DGB sowie die Vertreterinnen und Vertreter der AOK und der Agentur für Arbeit werden Hans Brauch ein ehrendes Andenken bewahren.

Unser aufrichtiges Mitgefühl gilt seiner Familie.

Letzte Änderung: 28.03.2012