Bei Leiharbeit in der Verantwortung

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18.10.2010 IG Metall-Konferenz: Gewerkschafter sprechen sich gegen Leiharbeit, für qualifizierte Ausbildungsplätze und "ein Konjunkturprogramm, das auf Massenkaufkraft setzt" aus. Aktionen angekündigt.

Schwäbisch Hall, 13.10.2010

"Eine Politik, die die Interessen der Mehrheit der Menschen in den Mittelpunkt stellt" fordern über 100 Betriebsräte und IG Metall-Funktionäre aus der Region in einer Resolution, die sie bei einer Konferenz der IG Metall vergangene Woche in Schwäbisch Hall verabschiedet haben. Dazu gehört für die Belegschaftsvertreter aus rund 70 Betrieben der Landkreise Schwäbisch Hall und Hohenlohe der Einsatz gegen Leiharbeit im Betrieb.

Eine konzernweite Vereinbarung strebt daher Siegfried Forisch, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender von Voith in Crailsheim zum Thema Leiharbeit an: "Gleiches Geld für gleiche Arbeit soll in Zukunft auch bei uns gelten" nennt er als Ziel. Sonja Hanselmann, Betriebsratsvorsitzende bei Mahle in Öhringen geht einen Schritt weiter: "Ab 2011 gibt es bei uns keine Leiharbeit mehr." Spitzen sollen beim Öhringer Automobilzulieferer dann mit befristeter Beschäftigung abgefangen werden.

"Leiharbeit und andere Formen prekärer Beschäftigung stehen für Dumpinglöhne und schlechte Arbeitsbedingungen" weist Heidi Scharf, 1. Bevollmächtigte der IG Metall Schwäbisch Hall auf Missstände hin "Wir wollen Arbeitsplätze, die allen Beschäftigten Sicherheit und Perspektive bei fairen Arbeitsbedingungen und Einkommen in den Betrieben bieten. Gleiche Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten müssen gesetzliche Mindestbedingungen sein, die nicht umgangen werden können" fordert sie die Bundesregierung zum Handeln auf.

Prognosen sagen, dass es zum Jahresende mindestens 1 Million Leiharbeitnehmer in Deutschland geben wird - etwa 10 Prozent davon in Baden-Württemberg. Leiharbeitskräfte verdienen im Schnitt 35 - 45 Prozent weniger als Festangestellte in vergleichbaren Positionen. Der im September von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen vorgelegte Gesetzentwurf zur Leiharbeit begrenze weder die Auswüchse noch den massenhaften Missbrauch von Leiharbeit. Vielmehr öffne die Ministerin damit dem Abbau von Stammarbeitsplätzen Tür und Tor kritisiert Scharf. Der von vielen Befürwortern ins Feld geführte "Klebeeffekt", also der Wechsel in ein festes Arbeitsverhältnis, liegt höchstens bei 7 Prozent, wie eine Studie der Bertelsmann-Stiftung belegt. Über die Hälfte aller in Leiharbeit geschlossenen Arbeitsverträge hat eine Laufzeit von weniger als 3 Monaten. Die Folgen für Einkommen, Familie und Gesellschaft sind gravierend.

"Es ist unsere Aufgabe als Betriebsräte, Leiharbeit im Betrieb erst gar nicht zuzulassen. Im Interesse aller Beschäftigten" unterstreicht Ernst Kern, Betriebsratsvorsitzender von Stahl in Künzelsau die Verantwortung der Konferenzteilnehmer.

Aktionstage und landesweite Kundgebung am 13.11. in Stuttgart
In der einstimmig verabschiedeten Resolution fordern die Gewerkschafter auch mehr Investitionen in das Bildungssystem und qualifizierte Ausbildungsplätze für alle Jugendlichen. Während betrieblicher Aktionstage in diesem Herbst und einer landesweiten Kundgebung am 13. November 2010 in Stuttgart wollen sie außerdem weiterhin gegen die Rente mit 67 protestieren und statt des "ungerechten Sparpakets" für "ein Konjunkturprogramm, das auf Massenkaufkraft setzt" demonstrieren.

Protest gegen Stuttgart 21
Auch das Thema Stuttgart 21 spielte auf der Veranstaltung eine Rolle: Die Mehrheit der anwesenden Gewerkschafter unterstützt den Protest gegen die Baumaßnahme. In einem Schreiben an den Bezirksleiter der IG Metall fordern Sie den "demokratischen Schulterschluss" mit der Bewegung gegen Stuttgart 21. "Steuergelder (auch) unserer Mitglieder wollen wir nicht Bauunternehmen und Immobilienspekulanten in den Rachen werfen!". Sie fordern stattdessen einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, renovierte Bahnhöfe und Züge entsprechend der heutigen technischen Ansprüchen.

Letzte Änderung: 18.10.2010